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Im Interview: Johannes Gröhl über die Zukunft, den Wein und die Bienen

Wir sprechen mit dem 23-Jährigen über Weinkultur, Erwachsenwerden im Weingut und die Idee vom nachhaltigen Wirtschaften.

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Es ist einer, der sich anhört wie ein Alter. Johannes Gröhl beweist mit seinen 23 Jahren Talent und eine gewisse Weisheit im Weinmachen. Im Interview befragen wir den Jungwinzer aus Rheinhessen nach seinen Anfängen, betrachten die Weinkultur hier und anderswo und sprechen mit ihm über sein Hobby: Die Imkerei.

WeinStruktur: Stell Dich doch einmal vor!

Johannes Gröhl: Ja, mein Name ist Johannes Gröhl, bin 23 Jahre alt. Unser Familienweingut ist in Weinolsheim, das existiert schon seit 1625. Wir haben Weinberge in Nierstein im Roten Hang, über Oppenheim bis Weinolsheim. Da haben wir sehr unterschiedliche Böden, die unser Weingut sehr spannend machen. Ich selbst habe zuerst eine Ausbildung [zum Winzer, Anm.] gemacht. Momentan bin ich im Studium in Geisenheim.

WeinStruktur: Weil du sagst, ihr habt Weinberge in exponierten Lagen: Wir sind in einer akuten Klimakrise, die Probleme mit dem Wetter bekommen wir langsam zu spüren. Um dem Problem Herr zu werden, müssen wir umdenken und müssen nachhaltig wirtschaften. Wie definierst du Nachhaltigkeit und Umweltschutz und wie wird das bei euch gelebt?

Winzer Johannes Gröhl
Winzer Johannes Gröhl

Johannes Gröhl: Gelebt wird es auf jeden Fall sehr stark. Wir achten sowohl im Privaten als auch im Betrieb sehr auf Nachhaltigkeit. Wir versuchen natürlich, unseren Fleischkonsum ein bisschen herunterzuschrauben, einige Monate verzichte ich nun weitestgehend auch schon auf Fleisch. Im Weingut versuchen wir besonders mit der Natur zu arbeiten. Wir haben die letzten Monate gemerkt, dass der Klimawandel uns immer mehr betrifft. Wir haben viel länger Trockenphasen, bei den Pflanzen erleben wir viel Trockenstress. Dass es mal eine Woche regnet, das kennt man in den letzten zwei, drei Jahren schon fast nicht mehr. Das fehlt einfach ein bisschen. Der Niederschlag kommt kaum noch bis zum Grundwasser durch, weshalb die ganze Lage für uns einfach eine große Aufgabe darstellt. Über Strohabdeckungen oder Kompost-Einsatz möchten wir dem Weinberg die Chance geben, das Wasser dennoch zu speichern, um so für gesunde Jahrgänge zu sorgen.

WeinStruktur:  Ist die nachhaltige Bewirtschaftung denn auch ein größerer Mehraufwand geworden?

Johannes Gröhl: Ja total, wir arbeiten ja nicht nur mit Kompost und Stroh, sondern begrünen unsere Weinberge ja beispielsweise auch. Das bedeutet, wir säen verschiedene Pflanzen im Spätjahr – unter anderem Leguminosen – die den Stickstoff aus der Luft absorbieren und ihn an den Boden weitergeben können, indem sie als organische Masse in den Boden gelangen. Das muss alles gemacht werden. Vor zehn oder 15 Jahren waren wir noch wo ganz anders, das ist heute einfach mehr.



Das Winzern im Blut

WeinStruktur: Wenn wir schon über Wandel sprechen: Wo siehst du euren Betrieb in 20 Jahren?

Johannes Gröhl: Zuallererst: Ich habe eine Schwester, Franziska, sie ist zwei Jahre älter als ich und hat in Geisenheim Internationale Weinwirtschaft studiert und wir haben beide ein ähnliches Ziel vor Augen. Sie ist auch vor einem Jahr in das Weingut eingestiegen und wir werden das Gut wahrscheinlich dann mal irgendwann übernehmen. Sie ist dann eher im Büro tätig, ich in der Weinproduktion. Wir wollen das auf jeden Fall zusammen machen und praktisch wie unsere Eltern momentan auch, auf Qualität setzen. Wir haben den Anspruch, es noch besser zu machen, noch mehr mit der Natur arbeiten. Nur wenn du eben keinen unnützen Kram auf die Pflanzen sprühst und mit dem Weinberg ordentlich umgehst, kannst du dich in dem Bereich auch verbessern. Biologisch zu produzieren ist dabei auch ein mittelfristiges Ziel von uns, das wir schon mit der Umstellung auf Bio in diesem Jahr umsetzen möchten.

WeinStruktur: Nehmen wir an, du bist irgendwann einmal Papa. Erwartest du von deinen Kindern eine Übernahme des Weinguts, oder bist du für alles offen?

Johannes Gröhl: Natürlich freut’s mich, wenn meine Kinder irgendwann mal den Betrieb weiterführen, aber ich bin da wirklich für alles offen. Wenn die mal sagen, sie würden lieber Bänker werden, dann sollen sie das machen. Damit werde ich offen umgehen.

 

Winzer Johannes Gröhl schneidet eine Traube während der Traubenlese.
Instagram: @weingutgroehl

WeinStruktur: Und wie war es bei dir?

Johannes Gröhl: Eigentlich genau so. Meine Eltern haben mir und meiner Schwester überhaupt keinen Druck gemacht, wir haben uns frei entscheiden können. Wenn dir der Beruf aber mit einer solchen Tradition wie bei uns in die Wiege gelegt wird und du diese ganze Materie dein Leben lang schon aufnimmst, dann liegt es selbstverständlich nahe, im Betrieb auch selbst zu arbeiten. Wenn man daran [am Weinmachen, Anm.] Spaß hat, dann ist das einfach ein geiler Beruf. Das kann ich auch nur jeder und jedem ans Herz legen. Ich kenn viele Quereinsteiger, die ihr berufliches Glück als Winzerin bzw. Winzer gefunden haben. Glück auch im Beruf zu finden ist das Wichtigste für mich – für meine Kinder, auf die Frage von eben zurückkommend – natürlich auch.

“Der Chef hat’s auch mitbekommen”

WeinStruktur: Du hast vor dem Studium auch eine Lehre zum Winzer gemacht. Gibt es aus der Zeit Erlebnisse, die dir besonders im Kopf geblieben sind?

Johannes Gröhl: *Lacht* Puh, da gibt es vor allem eine Story, bei der sich der Chef gedacht haben muss: „Was ist denn das für einer?“. Das war in meiner Azubi-Zeit beim Weingut Philipp Kuhn. Ich war relativ selbstständig im Betrieb und hatte schon einige Aufgaben. An dem Tag sollte ich einen Wein in einen anderen Tank umlegen. Dazu habe ich dann den neuen Tank saubergemacht, alles mit Wasser abgespritzt. Dann habe ich den Wein umgefüllt, alles zugemacht, wieder saubergemacht. Zwei Wochen später ist uns aufgefallen, dass uns im Keller eine Lampe, eine Taschenlampe, fehlt. Wir haben alles abgesucht, wir brauchten die Lampe auch für andere Dinge. Ein halbes Jahr war sie dann bestimmt verschollen. Bis zum Tag als wir den Tank, den ich vorbereitet hatte, leergemacht haben: Da tauchte sie dann auf und der Chef hat’s auch mitbekommen. Der Wein war zum Glück nicht beeinträchtigt, die Lampe hat noch funktioniert, aber man lernt, noch einmal in die Tanks zu schauen, bevor man sie füllt!

WeinStruktur: Du hast dich uns gegenüber trotz deines jungen Alters schon öfter als Frankreich-Lover bekannt. Ihr produziert unter anderem Top-Pinots aus Lagen wie der Hölle in Nierstein oder in Oppenheim. Was fasziniert dich an französischen Weinsorten?

Johannes Gröhl: Frankreich ist uns da ein gutes Stück voraus und super weingeprägt. Wenn du ins Restaurant gehst, ist eine Flasche Wein auf dem Tisch ja gar nichts, da sind wir eher eine Biernation. Mit Frankreich verbinde ich selbstverständlich Top-Weine und eine großartige Weinkultur. Vor einigen Jahren beispielsweise, waren wir eingeladen ins Burgund. Von dort beziehen wir immer unsere Barriques, unsere Holzfässer. Vom Meister der Tonnellerie sind wir eingeladen worden in ein Restaurant. Ein ganz verlassen scheinendes Haus, runtergekommen und total unscheinbar. Nachdem wir unseren Platz gefunden haben, ging es sofort los, der Wein stand schon auf dem Tisch. Dann der erste Gang: Flasche Wein getrunken. Hauptgang: Flasche Wein getrunken. So ging das dann einige Gänge. Das Zusammensitzen, das Wein-Genießen und die gesamte Kultur dahinter ist wahnsinnig spannend.

Das Schicksal ist manchmal sehr süß

WeinStruktur: Ein letztes Thema brennt uns noch auf dem Herzen. Du bist nicht nur Winzer, sondern auch Imker und somit Bienenvater. Wieso, weshalb, warum?

Johannes Gröhl: Das war eigentlich alles ein großer Zufall. Während unseres Hoffests auf dem Weingut, das einmal im Jahr stattfindet, hat sich ein Bienenvolk in der Nähe postiert. Da das zu Panik unter den Bienen und den Besuchern führen kann, haben wir den Imker aus dem Dorf gerufen. Er hat das Volk einfangen können und so kam ich zu meinem ersten Bienenvolk! Ein bisschen Schicksal war das. Mit meinem Imkervater bin ich immer wieder raus zu den Bienen, habe viele YouTube-Videos geschaut und viel gelesen. Vorletztes Jahr habe ich dann meinen ersten Honig abgefüllt und darauf bin ich total stolz. Auch um der Biodiversität wegen bin ich echt froh um dieses Erlebnis damals.

WeinStruktur: Wir bedanken uns herzlich für deine Zeit uns wünschen dir und dem Weingut alles Gute!