Im österreichischen Weinviertel ist Bewegung. Hannes Schweighofer hat viel vor und eine ganze Reihe an Ideen rund um sein Weingut. Wir treffen uns digital mit dem 22-Jährigen und sprechen über Wein, seine Pläne und etwas, das es so in Deutschland nicht gibt.
Zistersdorf ist zugegeben keine Metropole. Der kleine Ort östlich von Wien schmiegt sich sanft in die Landschaft, ist von viel Landwirtschaft geprägt. Nicht der hippe Ort, wo sich Thinktanks, Digital-Werkstätten oder andere Innovationszentren vermuten ließen. Einzig seine Nähe zur Hauptstadt der Alpenrepublik rücken ihn dann doch in die Welt des Neuen und Globalen.
Diesem Neuen und Globalen, Coolen, Hippen und Neumodischen ist einer aus diesem Örtchen jedoch um Weiten näher als andere: Hannes Schweighofer alias Schwoga ist im Familienbetrieb der Tonangeber und weiß mit seinen 22 Jahren ziemlich genau, was er schaffen möchte und wie er seine Ziele erreicht.
Hannes hat vor, sein Weingut bekannt zu machen und sich mit seiner Marke Schwoga einen Namen und Ruf aufzubauen. Der Jungwinzer bricht dafür mit einigen tradierten Gewohnheiten. Die auffälligste Neuerung: Hannes setzt auf türkise, völlig atypisch geformte Etiketten und Designs, hat einen gänzlich anderen Weg gewählt. Doch genau das kommt seiner Aussage nach super an. Viele seien von dem Design begeistert. Manchmal muss er seine Ideen jedoch auch verteidigen, gesteht er. Verstehen kann er diese Kritik nicht, die Etiketten seien ja voll cool. Finden wir auch.
Schwoga? „Ja so hat im Ort jeder schon den Papa genannt. Irgendwann war ich dann auch der Schwoga!“.
Hannes Schweighofer
Der Visionär
Schwoga hat unglaublichen Durst. Einen Durst hat er nach Wissen. Er möchte viel Lernen, besucht einen Lehrgang zur Bio-Zertifizierung und arbeitet einige Stunden die Woche in einem anderen, auch modernen Weingut nahe Wien. Hannes macht sich über alles möglich schlau, versucht sich in neuen Methoden, testet beispielsweise einen Orange-Versuch (also eine Gärung wie bei Rotwein). Das soll für Erfahrungen taugen, soll seine Weine im Endeffekt weiterbringen. Denn die Böden, die es rund um Zistersdorf gibt, geben nicht so viel her, „vor allem haben wir hier lehmige Böden, die sind nicht ganz so unterschiedlich“.





Einen anderen Durst hat Schwoga nach Mehr. Mehr Rebfläche, einen größeren Kundenstamm und mehr Aufmerksamkeit auf seinem modernen Label. Dazu scheut er keine Mühe. Er beliefert Kundinnen und Kunden teils mehrfach die Woche persönlich mit dem eigens beklebten Auto in Wien und schafft dadurch eine Nähe zu den Kundinnen und Kunden, die sich viele Winzer*innen nur wünschen. Besonders dieser Aspekt, das Persönliche, macht Hannes zu einem Außnahme-Winzer. Kaum einer baut in seinen Alltag Auslieferungsfahrten in eine hektische Weltstadt ein.
Der Weingärtner
Natürlich bleibt auch Hannes nicht vom Klimawandel verschont. Das Weinviertel, erzählt er uns, sei sehr trocken, gleiche einer Wüste im Sommer. Viel Regen gibt es nicht und so fangen auch die Reben an, durch die Trockenheit gestresst zu werden. Da sich dabei auch Starkwetterlagen häuften, so Hannes, kann es dann auch häufiger passieren, Schäden im Lesegut zu haben. Heftige Gewitter im Herbst mit hohen Niederschlägen fördern dann natürlich auch die Fäulnisprozesse in den Trauben.
Auf der anderen Seite ist Schwoga froh, jetzt auch die Möglichkeit zu haben, mehr Rotweine anzubauen, die in der Regel ja ein wärmeres Klima bevorzugen. Da müsse man dann aber auch aufpassen, dass sie nicht mit zu viel Säure durch die Hitze daherkämen. Laubarbeiten und die Pflege der “Weingärten”, wie die Weinberge in Österreich auch gerne genannt werden, werden einfach immer zeitaufwendiger und intensiver.

Weine von Schwoga bei uns als Review
Der Verwurzelte
So tief wie Teile seiner Reben in den Boden schießen, so tief ist Hannes mit seiner Heimat und gewissen Traditionen verbunden. Eine davon ist die der Heurigen. Der Begriff ist in Deutschland nicht der gängigste, vor allem im weinbewachsenen Westen Deutschlands ist er eher unbekannt. Er meint so etwas wie eine Straußwirtschaft, also eine Öffnung des Weinguts als Gastronomie für wenige Wochen im Jahr. Dann servieren Schwoga und seine ganze Familie köstliche Hausmanns und -frauenkost und präsentieren ihre trinkfreudigen Weine. Die Schweighofers veranstalten einen “Burschenschank”, bei dem nur kalte Speisen verkauft werden, Hannes’ Onkel macht extra einen Kümmelbraten und bereitet alles mögliche vor.
Dieses zeitaufwendige Fest, bei dem sich “die ganze Familie Zeit nimmt”, scheint besonders für Ortsansässige ein Highlight zu sein. Viele freuten sich auf die Heurigen, schätzen die Gemeinsamkeit im Weingut. Als “österreichisches Kulturgut” betitelt es Hannes. Im Gegensatz zu manchen großen deutschen Weinfesten scheint man hier noch den wirklich persönlichen Kontakt zwischen Winzer*in und Kund*in zu fördern und eine gemeinsame Zeit zu genießen. Das kostet viel Zeit und bestimmt auch Geld, macht sich aber am Ende sicher bezahlt.
Was eigenständiges zu machen, das ist mein Ziel.
Winzer Schwoga
Der Weinchecker
Hannes macht Weine, die sich vor allem zum Trinken eignen sollen. Man soll nicht ewig über sie philosophieren müssen, man soll nicht in ausschweifenden Worten darüber schreiben müssen. Sie sollen Spaß und Lust machen und zum Trinken animieren. Seine Weine haben wir probieren dürfen und können genau das bestätigen. Frische, aber keinesfalls körperlose Weine schaffen eine riesige Lust, die Weine zu trinken. Sie sind nicht vollkommen abgewichen von klassischen Arten, haben aber ihren eigenen Piff.
Wir möchten wissen, welche Weine Schwoga selber so trinkt, einmal außerhalb Österreichs, einmal innerhalb: Internationale Weine trinkt Hannes selten, so viel sei er auch nicht unterwegs. Eher bringe man sich gegenseitig immer mal was bei Treffen unter Kollegen mit. Aus Österreich mag Schwoga Weine von Herbert Zillinger. “Der macht total coole Weine, da sind die 2015er Weine jetzt die, die geil sind zum Trinken. Die österreichischen Weine sollen oft sehr jung sein. Gerade die kräftigen Weine entwickeln sich erst”. Zillingers Weine heißen “Radikal”, “Neuland”, “Horizont”. Wir verstehen langsam, was Hannes vorhat, woher seine Kreativität stammt.