Modernes Winzern am Mittelrhein. Johannes Müller hat viel vor und möchte seine Region, den Mittelrhein, mittelfristig als Spitzen-Weinbaugebiet sehen. Motiviert schaut er in die Zukunft.
Es ist ein bewölkter Samstagnachmittag, an dem wir Johannes Müller in seinem Weingut in Spay bei Koblenz treffen. Wir klingeln an der Automatiktüre und warten bis wir eingelassen werden. Die Tür geht auf und uns begrüßt ein junger, sympathischer Winzer mit warmen Worten. Johannes Müller ist vielleicht nicht der klassische Hip-Hop-Jungwinzer, doch wirkt er selbst an diesem tristen Samstag aufgeweckt, stolz und bestens vorbereitet auf die Fragen, die wir stellen könnten. Das, obwohl wir uns erst wenige Stunden vorher um einen Termin bemühten.
Das Weingut Matthias Müller in Spay ist Produkt des Zusammenspiels zweier Generationen. Vater Matthias wird auf ihrer Website als “Visionär” beschrieben. Untypisch als Senior-Chef. Doch nur auf den ersten Blick. Er ist in besonderem Maße für den Erfolg des Weinguts erfolgreich. Seit 2007 in den prestigeträchtigsten deutschen Winzerverband, den Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) integriert, schuf er den perfekten Nährboden für seine Nachkommen. Zusammen mit seinem Bruder Christoph ist Johannes heute voll im Betrieb aktiv.
Die Buga ist ‘ne mega Chance
Johannes Müller
Perspektiven in oft perspektivlosen Zeiten
An “seinem” Mittelrheintal liebt er den Schiefer und die Gefühle, die er auslösen kann. Das Gefühl der Wonne hat ihn besonders gepackt. Nicht nur spricht er gerne über dieses Gefühl, welche Bilder es auslösen kann oder welche Rolle der Wein in diesem Bezug spielt. Die Müllers ließen es einfach bauen. In einem für das kleine Dorf Spay ungewohnt modern und groß wirkenden Anbau hielt die Familie vor einigen Jahren genau dieses Gefühl fest.
Hölzerne Möbel füllen mehrere, bewusst unterschiedlich geformte Räume und schaffen ein warmes Ambiente. Farben wie das Grau des schiefrigen Mittelrheintals oder auch das die Sonne imitierende Gold an den Wänden lassen durchaus das Gefühl aufkommen, das Johannes so gekonnt in seine Sätze einbaut.
Doch auch während das Coronavirus grassiert schafft es der studierte Önologe und Weinbauer, mit klaren Visionen Perspektiven zu schaffen. Angesprochen auf die Bundesgartenschau 2029 im Welterbe Oberes Mittelrheintal gibt Müller nicht mit sich oder seiner Heimat an.
Er prahlt nicht mit seiner Region oder damit, andere ausgestochen zu haben. Er gibt sich kritisch, zeigt auf, was noch getan werden muss bis dahin und betont, wie wichtig es ist, die Buga als Gemeinschaftswerk zu sehen: “Da müssen sich viele Branchen herausputzen”. Ob es die Winzerinnen und Winzer sind, die Gastronomiebetriebe oder auch diejenigen, die einfach nur einen exponierten Vorgarten haben. “Dann haben wir gute Chancen”. Er meint völlig glaubhaft weniger die gute Chance, Geld zu verdienen. Er meint die Entwicklung, die die Buga hier vorantreiben kann.
Wir erleben einen Winzer, der auch Bürgermeister oder auch Regionsbotschafter sein könnte. Jemanden, den man, wenn man ihn versteht, als einen Überzeuger sehen kann. Als jemanden, der sich als Teil einer Gemeinschaft sieht, die er nach vorne bringen möchte.

Der Saal Müllers lädt zu genussvollen Wein-Momenten ein.
Wein-Reviews vom Mittelrhein
“Wir haben verstanden, wie wir mit den Gegebenheiten umgehen müssen”
Müllers Weinberge, nur wenige Hundert Meter entfernt vom Weingut liegend, haben im Gegensatz zu den in der Nähe liegenden Weinbergen der Mosel Vorteile. Und Nachteile. Seine Lagen zeichnen sich durch ihre exponierten Stellungen aus. Der Bopparder Hamm, so nennt sich der große Weinberg, der seine Lagen einfasst, besitzt Parzellen, die weit ins Rheintal hineinragen und so besonders viele Sonnenstrahlen abbekommen. Das bot jahrelang “bis in die frühen 2000er Jahre” die Möglichkeit, die benachbarten Mosel-Winzer neidisch zu machen. Neidisch auf vollreife Trauben, während man am Nachbarfluss, unreife Beeren lesen musste.

Seitdem jedoch der Klimawandel auch an der Mosel Einzug hält, sind die Unterschiede den Reifegrad bemessen, nicht mehr ganz so groß. Dafür hat sich aber ein Problem aufgetan. Trockenheit und sehr reife Trauben machen das Winzern am Rhein schwierig. Abhilfe sollen Bewässerungsanlagen schaffen, die mit viel Aufwand installiert werden. “Da sieht man, wie günstig eigentlich Regen ist. Jeder Kubikmeter Wasser muss da hoch gefahren werden, das kostet!”, sagt Johannes etwas demütig. Er wünscht sich sicherlich andere Zustände, doch scheinen die Müllers sich mit der Situation arrangieren zu können. Ihre Weine beweisen es. Johannes Müller beschreibt sie als reich, als mit etwas besonderem. Und: Mit viel Wonne.





